Ed Freyfogle, Mitgründer der Immobiliensuchmaschine Nestoria, war letzte Woche in San Francisco auf der Inman Real Estate Connect Conference und hat für uns seine Eindrücke zusammengefasst.
Ein großes Dankeschön dafür!

Fotoquelle: livenature auf Flickr

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Letzte Woche habe ich mich auf den Weg nach San Francisco zur Inman Real Estate Connect Conference gemacht. Diese Konferenz war eine großartige Gelegenheit mehr über den amerikanischen Immobilienmarkt zu erfahren – schließlich waren alle großen Namen zur selben Zeit am selben Ort!

Obwohl die Dynamiken im US Markt anders sind, gibt es einiges von dort zu lernen, vor allem über Trends und verwendete Technologien.

Aus wirtschaftlicher Sicht war es interessant zu sehen, wie viele verschiedene Geschäftsmodelle in den USA existieren. Alte und neue Firmen füllen vielerlei Nieschen wie zum Beispiel Zwangsversteigerungen, den Mietmarkt oder Privatanzeigen. Dazu kommen diverse US-spezifische Eigenheiten, die den US-Markt stark von den europäischen Märkten unterscheiden. Nennenswert ist hier auf jeden Fall MLS (Multiple Listing Service), eine komische Praktik zu der es kein mir bekanntes direktes europäisches Äquivalent gibt. Ein wichtiger Punkt dazu ist, wie erfolgreich neue Web 2.0 Immobilienportale wie Trulia und Zillow waren, obwohl sie außerhalb des MLS Systems operieren. Insbesondere Trulia war äußerst erfolgreich und hat sich innerhalb von nur drei Jahren von einem Startup zu einer wichtigen Größe entwickelt. Während etablierte Anbieter mit ihren alten Systemen kämpften, hat sich Trulia den Ruf als wichtigster Innovator erarbeitet.

Wie man von einem so großen Binnenmarkt vielleicht schon erwartet, gibt es von Seiten der großen amerikanischen Anbieter nur sehr wenig ernsthaftes Interesse, international zu expandieren. Sogar Marken wie Yahoo! Real Estate (manchen Statistiken zufolge das größte Immobilienportal in den USA und eine Marke mit großer internationaler Bekanntheit) haben keine Pläne ihren Fokus auch außerhalb der USA zu setzen.

Hinsichtlich der Technik im täglichen Geschäft war ich überrascht, wie oft Begriffe wie „Twittern“ in Gesprächen vorkamen. Apples neues iPhone scheint überall zu sein. Auf jeden Fall werden Technologien wie RSS und Blogs von den Maklern nicht mehr als Spielerei für Geeks sondern als Pflicht wahrgenommen. Pay-for-Performance Marketing (speziell Google AdWords) sind zum Standardwerkzeug für Makler geworden. Jeder arbeitet daran, seine Internetpräsenz mit Blick auf das Erzielen von Leads und deren Verwandlung in Kunden zu verbessern.

Gleichermaßen gab es in den letzten Jahren einen dramatischen Meinungswandel hinsichtlich Listings Syndication, angeheizt von der derzeitigen negativen Marktentwicklung bei Immobilien. Die Maxime, dass Informationen frei sein wollen, wurde in fast jeder Podiumsdiskussion offensichtlich. Ein Teilnehmer bemerkte: „open is the new black“ (Offen ist Cool). Zahlreiche Firmen, die Maklern helfen wollen, ihre Angebote zu verteilen, sind daher entstanden. Diese Betonung auf nutzerbezogene Dienste wurde auch durch die Wahl von Craig Newmark, Gründer der phänomenal erfolgreichen Kleinanzeigenseite Craigslist, als Keynote Redner betont. Newmark schätzt, dass allein die Immobilienkategorie seiner Webseite etwa vier Milliarden (ja genau, die Zahl mit neun Nullen) Seitenaufrufe pro Monat generiert. Die Hauptlektion hier ist, dass zunehmend erfahrene Nutzer zunehmend durchdachte Webseiten erwarten. Diejenigen Makler und Portale, die es nicht schaffen, sich diesen neuen Gegebenheiten anzupassen, riskieren im Laufe der Zeit irrelevant zu werden. Während der Fortschritt hier ein wenig langsamer ist, habe ich wenig Zweifel, dass der selbe Trend auch in den europäischen Märkten vorhanden ist.

Interessant war es zu sehen, wie wenige Europäer gekommen waren, um an diesem Blick in die Zukunft teilzuhaben. Das führende deutsche Immobilienportal ImmobilienScout24 (und wahrscheinlich ist die Bereitschaft, über den Tellerrand zu schauen auch Grund, warum sie ein Marktführer sind) wurde von Andreas Assum, verantwortlich für Online Marketing, repräsentiert. Auch anwesend waren die CEOs der REA Gruppe (Eigentümer führender europäischer Immobilienportale wie PropertyFinder und casa.it) und das internationale Immobilienportal Properazzi. Leider habe ich nur einen einzigen europäischen Immobilienblogger, Magnus Svantegård von the believer, getroffen, der auch seine eigene Zusammenfassung der Konferenz (auf engl.) geschrieben hat.
Alles in Allem war es eine sehr interessante Woche und auf jeden Fall die weite Reise wert. Ich glaube, die europäische Immobilienindustrie kann nur von den Erfahrungen anderer Märkte profitieren.